Hüttenwanderung durch die westliche Hardangervidda: Allgemeine Informationen

Hüttenwanderung durch die westliche Hardangervidda: Allgemeine Informationen

1. Januar 2019 Aus Von Apollonia

Die Hardangervidda ist eine riesige Hochebene und der größte Nationalpark Norwegens. Sie liegt zwischen Oslo und Bergen, über der Baumgrenze, mit einer Vegetation die zum Großteil aus Büschen, Moosen, Flechten und Gräsern besteht. Wer hier wandern möchte, der sollte regenresistent und abenteuerlustig sein, sich außerdem im alpinen Gelände auskennen. Eine Durchquerung der Hardangervidda ist nichts für Anfänger – oft trifft man tagelang keinen anderen Wanderer und das Wetter ist alles andere als beständig. Regen, Sturm, Schnee, Nebel, Matsch und Sumpf – wer sich darauf einlässt, der bekommt im Gegenzug eine Natur zu sehen die ihresgleichen sucht, und ein Abenteuer geboten, das man so schnell nicht mehr vergisst.

Nach meinem ersten Besuch im Sommer 2015 war ich sofort verliebt in die Gegend. Diese Weite! Die Einsamkeit! Die Hochebene gibt einem fast durchgehend das Gefühl kurz vor dem Gipfel, „gleich oben“ zu sein. Mir gefiel es, durch eine Landschaft zu laufen, und dabei zu wissen, dass meine Gruppe und ich die einzigen Menschen weit und breit sind. Dass ich 2-3 Tage wandern muss um wieder in die Zivilisation zu kommen. Dass ich hier auf mich allein gestellt bin. Mich auf meinen Körper verlassen muss. In dieser rauen Natur erlebt man sich, und die Gewalt, die die Natur über einen hat sehr intensiv, was eine sehr schöne und friedliche Erfahrung sein kann. Drei Jahre nach meinem ersten Besuch, habe ich meinen Rucksack noch einmal gepackt und bin im Herbst durch die Hardangervidda gelaufen. Wenn der Sommer schon schön war, dann war der Herbst dort  unbeschreiblich. Hier jetzt aber erst mal die generellen Informationen zu einer Hüttenwanderung durch die Hardangervidda.

WIE ANSPRUCHSVOLL IST EINE HÜTTENTOUR DURCH DIE HARDANGERVIDDA?

Kondition und Laufzeiten

Die Hütten in der Hardangervidda liegen zum Teil recht weit (im Schnitt etwa 20km) auseinander. Du solltest auf jeden Fall Kondition für 9-11 h Wandern pro Tag mitbringen. Das Gelände ist – wenn man mal oben auf der Hochebene angekommen ist – hügelig, man geht also ständig bergauf und bergab, viele Höhenmeter kommen dabei jedoch nicht zustande. Was Kraft kostet, sind Fluss- und Sumpfüberquerungen, sowie Schneefelder. Erstere lassen sich nicht vermeiden, gehören aber auch irgendwie zum Charme der Hardangervidda, Schneefelder hängen natürlich von der Jahreszeit ab.

Orientierung

Wie leicht die Orientierung fällt, hängt vom Wetter ab. Du brauchst auf jeden Fall eine Karte für den Überblick (z.B. nordeca Hardangervidda West) und GPS für die Wegsuche und die Kontrolle wie weit du schon gekommen bist (damit du rechtzeitig merkst, wenn du zu langsam bist und umkehren solltest). Die auf der Karte angegebenen Gehzeiten sind knapp bemessen und ohne Pausen oder Wegsuche gerechnet. Ohne Schnee sind die Wege gut sichtbar mit Steinmännchen und einem roten T markiert

Wetter

Das Wetter ist der Faktor, der die Tour anspruchsvoll macht. Es regnet in der Hardangervidda sehr viel. Du musst außerdem mit Wind rechnen, Kälte (auch im Sommer), und Schnee. Ein bisschen zäh muss man schon sein, um sich bei gefühlten Null Grad Schuhe, Socken und Hose auszuziehen um durch einen eiskalten Fluss zu waten. Der Vorteil an einer Übernachtung auf Hütten ist hier nicht zu unterschätzen. Normalerweise bekommt man seine Klamotten über Nacht wieder trocken, und in den Hütten ist es schön warm und gemütlich.

DIE BESTE REISEZEIT FÜR DIE HARDANGERVIDDA

Temperatur, Schnee und Mücken

Wettermäßig wäre die beste Jahreszeit Sommer – das heißt Juli und August. Für Wandertouren möglich sind aber auch Juni und September. Folgende Punkte solltest Du gegeneinander abwägen:

Längere und wärmere Tage, sowie eine geringere Wahrscheinlichkeit für Schneefall sprechen für Juli und August. Dafür wird es – vor allem in tieferen, sumpfigen Lagen – viele Mücken geben, und Du wirst mehr Leute treffen. In beliebten Hütten (z.B. Hadlaskard oder Torehytten) kann viel los sein, und du bekommst evtl. kein Bett mehr. Das wird Dir in der Nebensaison, sprich Juni, September und auch schon Ende August nicht passieren.
Im Juni musst du vermehrt mit Altschneefeldern rechnen, im September ist eher „nur“ Neuschnee zu erwarten. Ab Mitte September brauchst du keine Mücken mehr zu befürchten. Deine kurze Hose und  
T-Shirt kannst du allerdings auch zu Hause lassen, die wirst du nicht brauchen.
Der Herbst in der Hardangervidda ist wunderschön, und erreicht seinen farblichen Höhepunkt zwischen Mitte und Ende September. Wenn man da Glück hat, darf man durch die schönste Herbstlandschaft seines Lebens wandern!

Infrastruktur

Neben aktuellen Wetterbedingungen musst du in der Nebensaison unbedingt folgendes beachten:

  • Vollbewirtschaftete Hütten schließen: du musst also unbedingt vor deiner Tour im Internet nachsehen, welche Hütten auf deinem Weg noch geöffnet haben. Mach das am besten auch für Hütten, die du eigentlich nicht besuchen willst, die aber in der Nähe liegen. Du weißt nie, ob du deine Pläne nicht kurzfristig ändern musst.
  • Busfahrpläne werden deutlich abgespeckt: Wenn die Winterfahrpläne gelten, fahren die Busse um die Hardangervidda nur noch sehr selten.
  • Sommerbrücken: werden normalerweise abgebaut, wenn die zuständigen Hütten schließen. Nach harten Wintern wird gewartet, bis der Schnee weg ist – in manchen Sommern werden die Sommerbrücken deshalb zum Teil gar nicht aufgebaut.

WIE KOMME ICH HIN UND WIEDER WEG?

Den Westen der Hardangervidda erreichst du ohne Taxi über folgende Ausgangsorte:

  • im Westen (E13): Odda, Lofthus / Ullensvang, Kinsarvik
  • im Süden (E134): Røldal, Haukeliseter fjellstua
  • in der Mitte (E7): Liseth, Dyranut
  • im Norden (Bergenbahn): Finse

Entlang der E144 und E13 fahren folgende Busse von den Busgesellschaften Nor-Way und Skyss:
Haukeliekspressen NW180 von Oslo nach Seljestad, dort umsteigen in den Bus 862 nach Odda (Skyss).
Von Odda nach Ullensvang mit dem Bus 990 (Skyss), dort umsteigen in den Bus 991 (Skyss) nach Kinsarvik.
Bus 991 fährt dann auch die
E7 entlang bis Geilo.
Von Geilo kann man mit der Bahn (NSB) nach Oslo zurückfahren.

WO KANN ICH IN DER HARDANGERVIDDA ÜBERNACHTEN?

Die Hütten

Wer die Hütten nutzen möchte der sollte sich beim DNT, dem norwegischen Wanderverein, anmelden. Das lohnt sich preislich schon für wenige Übernachtungen. Davon abgesehen bekommt man den Schlüssel für die Hütten nur als Mitglied (gegen Pfand im DNT Büro z.B. in Oslo oder Bergen). Die meisten Hütten sind zwar offen, aber man weiß nie. Bitte beachte dabei, dass der DNT-Schlüssel natürlich nur in die Schlösser vereinseigener Hütten passt!

Alle Hütten, die ich bisher gesehen habe, waren super gemütlich. Es gibt vollbewirtschaftete Hütten (z.B. Litlos, Vivelid, Finsehytta, …) und Selbstversorgerhütten mit und ohne Vorratsregal. Eine vorherige Anmeldung ist nur auf vollbewirtschafteten Hütten möglich und je nach Jahreszeit nötig.

  • Ausstattung der Hütten: Die Selbstversorgerhütten des DNT verfügen über ausreichend trockenes Feuerholz, alles was man zum Kochen so braucht (Geschirr, Besteck, Töpfe, Pfannen, Geschirrtücher, …), Putzmittel/ Besen/ Wischmopps, Toiletten mit Toilettenpapier und Betten mit dicken Bettdecken (ein dünner Hüttenschlafsack reicht). Es gibt natürlich keinen Strom (aber Kerzen) und kein fließend Wasser (wird mit Eimern aus Fluss oder See geholt).
  • Bezahlung auf den Hütten: auf Selbstversorgerhütten kann man bar bezahlen (passend in einem Umschlag, der ausliegt) oder per Kreditkarte (einmalige Vollmacht). Aktuelle Preise finden sich auf der Website des DNT.
  • Das Vorratsregal: gibt es nur auf Selbstversorgerhütten des DNT. Eine Liste mit allen verfügbaren Lebensmitteln und den Kosten findet sich auf der Website des DNT. Das meiste sind Konservendosen – deshalb mein Tipp: kaufe Nudeln oder Reis dort, und bringe Soßen mit, die man nur mit Wasser anrührt. Nudeln und/ oder Reis sind normalerweise in jeder Hütte ausreichend vorrätig, andere Lebensmittel gehen in den Hütten manchmal aus.
  • Die vollbewirtschafteten Hütten: Hier kann man nicht selbst kochen und darf meist auch keine selbst mitgebrachten Lebensmittel verzehren. Dafür gibt es eine Dusche und das Essen ist zwar teuer, aber gut.

Zelten in der Hardangervidda

Grundsätzlich ist das Zelten, und auch das Wandern abseits der Wege in der Hardangervidda erlaubt. Warum beschreibe ich dann hier eine Hüttentour und warum lege ich so viel Wert auf das Finden der Wege? Wer sich seine eigene Route durch die noch intakte Natur suchen will, tut dieser meiner Meinung nach keinen Gefallen. Hinterlassen wir doch so wenig Spuren wie möglich, stören wir die Tier- und Pflanzenwelt so wenig wie möglich und respektieren unsere Grenzen. Die Natur hat sowieso schon so wenig Raum, stören wir nicht auch noch die geschützte Ruhe in den Nationalparks. Wer trotzdem gerne zeltet, könnte sein Lager zum Beispiel neben den Hütten aufschlagen.

DIE RICHTIGE AUSRÜSTUNG FÜR EINE HÜTTENTOUR DURCH DIE HARDANGERVIDDA

Ohne die richtige Ausrüstung wird dir die Tour wenig Spaß machen, und kann sogar gefährlich sein. Das hier ist eine unvollständige Liste mit absolut unverzichtbaren Ausrüstungsgegenständen.

Sicherheit

Handyempfang wirst du inmitten des Nationalparks umsonst suchen, das heißt wenn du Hilfe holen willst, wirst du erst 1-2 Tage wandern müssen. Spare keinesfalls am Erste Hilfe Set, außerdem brauchst du unbedingt einen Biwaksack und ausreichend warme Klamotten um eine Nacht draußen zu überstehen. Rechne außerdem mit Blasen und Knieproblemen (ein fester, langer Verband hat sich hier bewährt).

Wetterschutz

Du brauchst gute, wasserdichte Wanderschuhe mit Profil, darüber eine Regenhose, die entweder so fest am Schuh sitzt, dass du aus Versehen in überschuhhohe Matschlöcher steigen kannst, ohne dass der Schuh von oben nass wird, oder du trägst zusätzlich Gamaschen. Ein Regenponcho der weit über den Rucksack reicht, am besten Ärmel hat und sich vorne öffnen lässt hat sich bei mir mehr als bewährt. Der Rucksack wird nicht nass, man kann die Hände aus den Ärmeln nehmen und unter dem Poncho frei bewegen (z.B. im Trockenen was aus- oder anziehen, aufs GPS schauen), und die empfindliche Oberschenkelregion wird doppelt vor Regen geschützt (durch Regenhose + Poncho). Auch bei Sturm bleibt der Poncho mit ein wenig Festhalten an Ort und Stelle. So ein Regenponcho ist irre gemütlich – es fühlt sich darunter an wie in einem eigenen, persönlichen und mobilen Zelt. Ich bin mit der Kombi Regenhose + langer Poncho stundenlang durch Wind und Regen gelaufen ohne nass geworden zu sein.

Für gemütliche Hüttenabende

Du brauchst Hüttenschuhe (ich empfehle leichte Turnschuhe mit fester Sohle, die Toiletten sind meist ein Stück von der Hütte entfernt in einem extra Häuschen), einen Hüttenschlafsack und einen Waschlappen + Outdoorseife falls du nicht im Fluss oder See baden willst. Außerdem solltest du wissen wie man ein Feuer in einem Holzofen macht.

WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN UND LINKS

Wetterbericht: https://www.yr.no
Schneebericht: http://www.senorge.no
DNT: https://deutsch.dnt.no/

Busgesellschaften: https://www.skyss.no/ und https://www.nor-way.no/en-US#/