Wandern auf Korsika: Der Nordteil des GR20

Wandern auf Korsika: Der Nordteil des GR20

23. März 2019 Aus Von Apollonia

Angeblich ist er der schwerste Weitwanderweg Europas, der Grande Randonnée Nr. 20, kurz GR20. Wenig bis keine Möglichkeiten tagsüber die Wasservorräte aufzufüllen, sehr heiß wenn die Sonne scheint, und hochalpin – das heißt es kann auch sehr kalt, windig, neblig und ungemütlich werden. Aber die ganze Mühe lohnt sich! Die Landschaft ist felsig und rau, zum Teil noch einsam, und in der Ferne sieht man manchmal das Meer blitzen. Schon richtig – man braucht genug Kondition für die Sache, und sollte außerdem trittsicher und schwindelfrei sein. Aber wer diese Voraussetzungen erfüllt, der wird auf dem GR20 sein Fernwander-Glück auf jeden Fall finden.

Ich war 2014 dort – auch schon wieder fast 5 Jahre her… Der Grund, warum wir damals nur den Nordteil gegangen sind, war unser begrenzter Urlaub, und es war auch die erste Tour bei der wir wirklich alles selbst mitgenommen haben (also Zelt, Klamotten, Essen usw.) und da haben uns 9 Tage für den Anfang sowieso gereicht. Wir haben uns den Nordteil ausgesucht, weil er spektakulärer und wilder ist. Bisher habe ich es leider nicht geschafft den Süden noch zu gehen, deshalb folgt hier nur eine Beschreibung des Nordteils.

WIE ANSPRUCHSVOLL IST DER GR20?

Man wandert durch alpines Gelände, sollte wie gesagt trittsicher und schwindelfrei sein (zum Teil muss man ein wenig kraxeln), und außerdem genug Kondition mitbringen um täglich ca. 6h und bis zu 1200hm wandern zu können. Nicht unterschätzen darf man dabei das Gewicht des Rucksacks (Zelt, Schlafzeug, Essen, viel Wasser) und die Hitze tagsüber. Die Orientierung fällt relativ leicht: Der GR20 ist gut markiert und beschildert.

Wenn man nicht gerade in der Randsaison unterwegs ist, trifft man unterwegs immer mal wieder (dieselben) Leute und auch abends muss man nicht alleine sein, wenn man nicht will. Unter diesem Gesichtspunkt eignet sich die Tour auch für Solo-Wanderer.

WO KANN ICH ÜBERNACHTEN?

Auf dem GR20 kann man prinzipiell in Berghütten übernachten. Diese sind allerdings eng und klein, und gar nicht gemütlich, deshalb empfehle ich Euch, euer eigenes Zelt mitzubringen oder vor Ort ein feststehendes Zelt zu mieten. Wildzelten ist verboten, aber die Campingplätze sind schön und in akzeptablem Abstand gelegen, sodass man hier keinen großen Nachteil hat wenn man sich an die Regeln hält. Der Vorteil an Campingplätzen ist die Wasserversorgung: Es gibt genug Wasser zum Kochen, waschen und für den nächsten Tag zum Mitnehmen. Sogar Duschen gibt es, nur nicht für Warmduscher 🙂 Die Campingplätze haben normalerweise genug Platz, sodass man nicht reservieren muss. Wer spät ankommt, bekommt allerdings, wie immer, nicht mehr die guten, felsfreien und ebenen Zeltplätze.

Essen kaufen kann man an allen Campingplätzen und den Bergerien. Vor allem der Käse und der Kastanienkuchen sind sehr lecker, aber generell ist das Essen ziemlich teuer, weshalb ich auch nächstes Mal wieder meine eigene Verpflegung mitnehmen würde.

BESTE JAHRESZEIT

Die beste Zeit für den GR20 sind die Monate Juli und August. Bedingt geeignet sind die zweite Junihälfte und Anfang September. Dann kann es allerdings sein, dass noch oder schon Schnee liegt ist, was die Begehung des Weges zu gefährlich werden lässt.

Ich war Ende August 2014 dort, und würde diese Jahreszeit auch weiter empfehlen. Das Wetter ist tendenziell zum Ende der Saison hin stabiler, nicht ganz so heiß wie im Juli und Anfang August, und Schnee ist nur in Ausnahmefällen zu erwarten. In der Nacht ist es allerdings Ende August noch kälter als sowieso schon – wer also nicht frieren will, braucht einen warmen Schlafsack.

AN- UND ABREISE

Wer ein Auto hat und nicht ganz aus dem Norden kommt, der sollte sich überlegen ob er nicht mit dem Auto anreisen möchte. Vor allem wenn du nach der Wandertour ein paar Tage für Strand und Sightseeing einplanen möchtest, ist ein Auto sehr angenehm – dort kannst du zum Beispiel frische Wäsche lagern. Ich bin geflogen und habe anschließend am Strand nur mein Mini Handtuch gehabt, und auch nur die Klamotten vom Wandern. Nächstes Mal würde ich mit dem Auto anreisen. Generell sind nämlich ein paar Strandtage als Puffer zu empfehlen, falls in den Bergen irgendetwas nicht so klappt wie geplant.

Einstieg in den GR20 im Norden: Der GR20 beginnt in Calenzana – ein kleiner Ort in der Nähe von Calvi. Dorthin kommt man mit der Bahn (Strecke Bastia – Ponte Leccia – Calvi). Die Haltestelle heißt U Fiumeseccu Alzeta GR 20. Von dort kann man mit dem Taxi nach Calenzana fahren, zu Fuß gehen (ca. 10km) oder Trampen. In Calenzana gibt es einen Campingplatz. Hinter der Kapelle St. Antonie beginnt, gut markiert und beschildert, der GR20.

Ende des Nordteils: In Vizzavona endet der Nordteil des GR20. Von dort kann man entweder weiter in den flacheren und leichteren Süden gehen, oder direkt in die Bahn steigen (Strecke Bastia – Ponte Leccia – Ajaccio).

Mit dem Auto: Strategisch günstig parkt man sein Auto in Ponte Leccia oder Vizzavona, und fährt den Rest mit der Bahn.

DIE ETAPPEN

  1. Calenzana – Refuge d’Ortu di u Piobbu
    Ca. 1360hm ↑, 11km, 6,5h
    Dieser Tag kann theoretisch abgekürzt werden, indem man die Variante über den Wanderweg Mare e Monti nimmt, und sofort nach Carrozzu geht. Dadurch umgeht man die ersten hohen Berge – landschaftlich lohnt es sich aber nicht, und auch sonst würde ich die Variante nicht empfehlen, da sie lange Zeit in der Sonne im Tal entlang verläuft und erst am Schluss steil ansteigt.
  2. Vom Refuge d’Ortu di u Piobbu zum Refuge de Carrozzu
    Ca. 680hm ↑, ca. 1000hm ↓, 7km, 7,5h
    An diesem Tag geht es so richtig los mit der spektakulären Bergwelt Korsikas – es geht hoch hinauf, mit toller Aussicht und kleineren Kraxeleien.
  3. Vom Refuge de Carrozzu nach Haut-Asco
    Ca. 800hm ↑, 660hm ↓, 7km, 5,5h
    Der Weg ist schön, Haut-Asco nicht. Hier kann man erleben, wie hässlich ein Skigebiet im Sommer aussieht… Seit allerdings ein Teil des GR20 im Jahr 2015 gesperrt wurde (der Cirque de la Solitude) gibt es soweit ich weiß keine Möglichkeit Haut-Asco zu umgehen.
  4. Von Haut-Asco zum Refuge Tighiettu
    Ca. 1350hm ↑, 1050hm ↓, 8,7km, 8h
    oder +30min zur Bergerie de Ballone mit schöneren Campingplätzen
    An dieser Strecke muss man seit 2015 am Monte Cinto, dem höchsten Berg Korsikas, vorbei und bis auf 2607 m aufsteigen. Vor allem in der Randsaison könnte man hier mit Schnee Probleme bekommen. Wer die Zeit dazu hat, kann den Monte Cinto auf dem Weg mitnehmen (+2h).
  5. Vom Refuge Tighiettu zum Refuge Ciuttulu di i Mori
    Ca. 620hm ↑, 200hm ↓, 6km, 4h
    Eine kurze, aber schöne Etappe, auf der man Bäche zum Baden findet und die Bergwelt genießen kann. Wem das nicht reicht, und wer gerne ein wenig klettert (Kletterstellen Grad II), der kann in insgesamt ca. 3,5 Stunden den Paglia Orba besteigen. Und das mit leichtem Gepäck: Das Gepäck kann man nämlich zumindest teilweise in Mori lassen.
  6. Vom Refuge Ciuttulu di i Mori zum Refuge de Manganu
    Ca. 670hm ↑, 1050hm ↓, 26km, 8,5h
    Diese Etappe kann sehr leicht zweigeteilt werden, indem man nur bis zum Castellu di Verghio (2,5h) geht. Eine weitere Möglichkeit ist, von Tighiettu gleich zum Castellu di Verghio zu gehen (das heißt Mori und den Paglia Orba auszulassen, Gehzeit dann 6,5h) und am nächsten Tag weiter zum Refuge de Manganu zu laufen (6h).
  7. Vom Refuge de Manganu zum Refuge de Petra Piana
    Ca. 870hm ↑, 630hm ↓, 8km, 6,5h
    Anspruchsvolle, aber wunderschöne Etappe! Für mich sogar die schönste Etappe des ganzen Nordteils – vor allem die gezackten Bergkämme und kleinen Seen dazwischen machen die Strecke so besonders. Von Petra Piana aus kann man in insgesamt 4,5 h den Monte Rotondo besteigen – das ist vor allem eine Option für den nächsten Tag früh morgens, bevor man nach l’Onda aufbricht.
  8. Vom Refuge de Petra Piana zum Refuge de l’Onda
    Variante über den Grat: ca. 260hm ↑, 680hm ↓, 7km, 4h
    Die Variante über den Grat ist nur bei gutem Wetter zu empfehlen – dann erwarten einen herrliche Ausblicke! Bei schlechtem Wetter oder Nebel lieber die Variante durchs Tal wählen (4,5h).
  9. Vom Refuge de l’Onda nach Vizzavona
    Ca. 700hm ↑, 1200hm ↓, 10km, 6h
    Auch die letzte Etappe ist die Anstrengung nochmal wirklich wert. Der Panoramablick ist fantastisch, und am Ende der Etappe laden Badegumpen zum entspannen ein… Wer ca. 2h zusätzlich wandern mag, dem sei die Variante über den Monte d’Oro ans Herz gelegt.

WEITERE INFORMATIONEN

Informationen zur Bahn auf Korsika findest du auf dieser Website:  Französische Bahngesellschaft SNCF

Der Kauf des Rother Wanderführers Korsika – GR20 lohnt sich wirklich. Er beschreibt alle Etappen mit Varianten und Gipfelmöglichkeiten ausführlich, und gibt auch Informationen zu den Übernachtungsmöglichkeiten und Quellen unterwegs. Die angegebenen Gehzeiten haben für uns genau gestimmt, inklusive der Pausen (außer an den Tagen, an denen wir sehr lang in der Sonne gelegen sind…). Wichtig ist, dass du eine neuere Auflage (nach 2015) hast, die dich nicht durch den gesperrten Cirque de la Solitude führt. Wir hatten keine zusätzliche Karte, und haben sie auch nicht vermisst.